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Forschungsprojekte

 

Die an die Schüler und Schülerinnen gerichtete Sprache (SgS). Zur Adaptivität sprachlichen Lehrer/innen-Handelns im Unterricht.

Projektleitung zusammen mit Katrin Kleinschmidt-Schinke, Universität Oldenburg

(Gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Projektnummer 426182600)

In der Forschung zur Unterrichtskommunikation überwiegt eine defizitorientierte Perspektive auf die Sprache von Lehrer/innen. Demnach sprechen diese selbst zu viel, stellen zu viele kognitiv nicht herausfordernde Fragen, warten zu wenig vor Schüleräußerungen und strukturieren den Unterricht nach demselben kleinschrittigen Schema. Im Gegensatz dazu fokussiert das vorliegende Forschungsprojekt das spracherwerbsförderliche Potential der Lehrersprache. Die Studie schließt an zentrale Konzepte aus der interaktionistisch orientierten L1-Erwerbs- und L2-Vermittlungsforschung an, die für die Erforschung von Unterrichtskommunikation nutzbar gemacht werden. Als Zielkategorie schulisch flankierten Spracherwerbs wird das Konstrukt konzeptioneller Schriftlichkeit nach Koch und Oesterreicher (1986) angenommen, das allerdings im Projekt mittels vier Operationalisierungsdimensionen in unterschiedliche linguistische Analysekategorien überführt wird. Das übergeordnete Ziel des Projekts ist eine linguistisch möglichst exakte Beschreibung der sprachlichen Charakteristika der an die Schüler/innen gerichteten Sprache (SgS). Im Zentrum steht die Fragestellung, inwieweit in der Lehrersprache Phänomene einer Input-Adaption feststellbar sind, wenn Lehrpersonen Schüler/innen unterschiedlicher Jahrgangstufen adressieren. Einen ergänzenden Untersuchungsfokus bilden lehrerseitige mikrointeraktionale Bearbeitungen von Schüleräußerungen. Erforscht wird, inwieweit die Lehrpersonen den Schüler/innen eine Art modellhaftes Feedback anbieten, indem sie im unmittelbaren Kontrast zur schülerseitigen Bezugsäußerung ein sprachliches Modell guten Gelingens realisieren. Das Erhebungsdesign ist im Sinne von beschreibenden und multiplen Fallstudien (Caspari 2016) angelegt: Kernidee bei der Erhebung ist die Konstanthaltung des Faktors Lehrperson in drei gymnasialen Jahrgangsstufen (der Unter-, Mittel- und Oberstufe), in denen jeweils eine Doppelstunde bei insgesamt vier Biologie- und vier Deutschlehrpersonen videodokumentiert wurde (pro Fach jeweils zwei männlich und zwei weiblich). Solchermaßen wird ein direkter, intra-individueller Vergleich des sprachlichen Handelns in den verschiedenen Jahrgangsstufen möglich. Im Sinne eines multiplen Fallstudiendesigns erfolgt zudem ein inter-individueller Vergleich sowohl fach- als auch geschlechtsbezogen.Auch wenn die Erforschung adaptiven Sprachhandelns von Lehrpersonen als eine Komponente sprachdidaktischer Grundlagenforschung zu betrachten ist, haben die Ergebnisse für die Lehrerprofessionsforschung hohe praktische Relevanz, da mit ihnen ein zentraler Aspekt professioneller Kompetenz von Lehrpersonen (Baumert/Kunter 2006: 469) rekonstruiert wird, der derzeit nahezu vollständiges Desiderat ist.
 

 

WibaLeS - Professionelles Wissen von Lehrkräften, Unterrichtsqualität und Lernfortschritte von Schüler*innen im basalen Lese- und Schreibunterricht.

Projektleitung: Petra Hanke, Johannes König, Thorsten Pohl – Projektmitarbeiter/innen: Nina Glutsch, Chantal Knips, Janine Mühle, Tina Waschewski, Jonas Weyers – Projektbeteiligte: Michael Becker-Mrotzek, Alfred Schabmann, Birgit Träuble

(Gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Projektnummer 407456863)

In der Forschung und Praxis zum Schrifterwerb wird seit Jahrzehnten wiederholt die Frage nach der geeigneten Vermittlungsmethode (z.B. Lesen-durch-Schreiben), die sich für das Lesen- und Schreibenlernen von Kindern als besonders wirksam erweist, thematisiert. Das Projekt "WibaLes" (Professionelles Wissen von Lehrkräften, Unterrichtsqualität und Lernfortschritte von Schüler*innen im basalen Lese- und Schreibunterricht) prüft, inwieweit nicht die Vermittlungsmethode, sondern die Unterrichtsqualität und ihre fachspezifische Ausdifferenzierung sowie das fachspezifische professionelle Lehrer*innenwissen die Lernfortschritte der Kinder im basalen Lese- und Schreibunterricht bedingen. Hierfür wird auf Forschung zu den Basisdimensionen der Unterrichtsqualität aufgebaut, die aber zusätzlich fachlich ausdifferenziert werden. Im Projekt wird dafür ein umfassendes Erhebungsinventar (u.a. Unterrichtsbeobachtungen) entwickelt und eingesetzt. Professionelles Lehrer*innenwissen wird in fachliches, fachdidaktisches und pädagogisches Wissen differenziert und mithilfe eines neu entwickelten Tests zur Erfassung professionellen Lehrer*innenwissens zum basalen Lese- und Schreibunterricht erhoben.Schriftsprachliche Schüler*innenleistungen werden mit Beginn des 2. Schuljahres über drei Messzeitpunkte mit einem etablierten Test erfasst und hinsichtlich verschiedener Eingangsmerkmale (u.a. Intelligenz) kontrolliert. Anvisiert wird eine Stichprobe von 120 Lehrkräften und ihren Schulklassen an 60 Grundschulen in der Kölner Region, sodass differenzierte Aussagen zum Zusammenhang von Lehrer*innenwissen, Unterrichtsqualität und Lernfortschritten der Grundschulkinder getroffen werden können. Mithilfe von späteren VERA-3-Daten der untersuchten Kinder werden die analysierten Zusammenhänge im letzten Projektjahr zusätzlich auf Validität geprüft.Zwei übergreifende Fragen sind dabei leitend für das Projekt:1) Lässt sich der Zuwachs der Schüler*innenleistungen im basalen Lese- und Schreibunterricht mit Merkmalen der Unterrichtsqualität (Klassenführung, fachspezifisch ausdifferenzierte Unterstützung und kognitive Aktivierung) besser erklären als mit der Vermittlungsmethode?2) Lassen sich Merkmale der Unterrichtsqualität durch das professionelle Wissen der Lehrkräfte erklären und lässt sich somit auch ein indirekter Einfluss dieses Wissens auf den Zuwachs in Schüler*innenleistungen im basalen Lese- und Schreibunterricht belegen?Von dem Projekt werden wichtige Erkenntnisse zum schriftsprachlichen Anfangsunterricht in der Grundschule erwartet, die aufgrund der domänen- und zielgruppenspezifischen Bearbeitung für die einschlägige, auf die Primarstufe bezogene Professions- und Unterrichtsforschung von besonderer Relevanz sein werden, darüber hinaus aber auch angesichts zunehmender Heterogenität in der Primarstufe und der Bedeutung von Sprachlicher Bildung wichtige praktische Implikationen enthalten werden.

 

 

Sekundäre Literalisierung/Distanzsprachliche Sozialisierung.

Forschungsprojekt mit insgesamt vier systematisch aufeinander bezogenen Teilprojekten:

  • Die an die Schüler gerichtete Sprache (Lehrersprache)
  • Fachsprachliches Motherese in der Schulbuchliteratur
  • ‚Distanzsprachliche’ Schreibentwicklung
  • Sekundäre Literalisierung (Schülersprache)

Leitende These des Gesamtprojektes ist, dass es während der Schulzeit zu einer Überformung und Anreicherung der sprachlichen Kompetenzen bei den Schülern und Schülerinnen kommt, ein Erwerbsprozess, der maßgeblich und damit zu weit überwiegenden Teilen durch die Schriftsprachlichkeit oder Literalität geprägt ist. Weiterführender Spracherwerb (etwa nach dem sechsten Lebensjahr) ist in diesem Sinne zu verstehen als eine sekundäre Literalisierung (nach der primären Literalisierung des Schriftspracherwerbs). Es ist zugleich ein Vorgang, der hochgradig durch institutionelle (schulische) Rahmenbedingungen beein­flusst und gelenkt wird. Dem entsprechend sollen im Rahmen des angestrebten Projektes wichtige Einflussfaktoren seitens der Institution (als mündliche Erwerbskontexte: die von Lehrern- und Lehrerinnen an die Schüler gerichtete Unterrichtssprache und als schriftliche Lernkontexte: Schulbuchtexte und Unterrichtsmaterialien) untersucht werden. Es muss sich dabei um ein Projekt handeln, das verschiedene geisteswissenschaftlich fundierte Schulfächer (etwa Geschichte und Sozialwissenschaften) und naturwissenschaftlich fundierte Schulfächer (etwa Biologie und Physik) gleichermaßen umfasst, da der zu beobachtende Aneignungsprozess im Grunde für sämtliche Unterrichtsfächer relevant ist. Es werden daher Forschungskooperationen zu anderen Fachdidaktiken unbedingt angestrebt.

 

 

Die Epistemisierung des Unterrichtsdiskurses.

Epistemisierung soll diejenige kognitive wie sprachliche Entwicklungsbewegung bezeichnen, bei der erkanntes Wissen zusehends aus dem unmittelbar persönlichen Erlebnisraum des erkennenden Subjektes heraustritt und mehr und mehr zu einem von konkreten Situationen in der Welt abstrahierten, unter bestimmten für das Erkennen besonders relevanten Aspekten systematisierten und intersubjektiv ausgehandelten, d. h. argumentativ gestützten Wissen wird. Das erkannte Wissen wird dabei in dem Sinne zu einem kritischen Wissen, als es zunehmend unter den Rechtfertigungsdruck gerät, auch tatsächlich erkanntes Wissen zu sein. Die Folge ist, dass das Erkennen zusehends

  • selbst thematisiert (Aspekt der Reflexivität, Metasprachlichkeit),
  • intersubjektiv ausgehandelt (Aspekt der Diskursivität/Perspektivität) und
  • argumentativ gestützt (Aspekt der Argumentativität/Methodizität) wird/werden muss.

Die forschungsleitende These ist die, dass der Unterrichtsdiskurs in nahezu allen didaktischen Zusammenhängen und jeglichen konzeptionellen Ebenen durch jene Epistemisierungsbewegung geprägt ist.

 

 

Konzepte als kognitive Instrumente des fachlichen Lernens und Erkennens.

Es handelt sich um ein Verbundprojekt im Rahmen des IFDG ­­(Interdisziplinären Forschungszentrums für Didaktiken der Geisteswissenschaften), in dem Didaktiken unterschiedlicher geisteswissenschaftlicher Disziplinen kooperieren (s. u.). – Zur Forschungsidee: Während z. B. die naturwissenschaftlichen Fächer die Möglichkeit haben, Lernen durch exteriorisierte Operationen mit sinnlich wahrnehmbaren Effekten zu initiieren (u. a. durch das Experimentieren), besteht diese Möglichkeit innerhalb der geisteswissenschaftlichen Fächer in deutlich geringerem Maße: Sowohl die betreffenden Erkenntnis einleitenden Operationen als auch ihre Ergebnisse sind oftmals rein kognitiv gegeben bzw. müssen von den SuS interiorisiert, also kognitiv ausgeführt werden. Idee ist damit, den/einen ‚genuinen‘ Kern geisteswissenschaftlicher Fächer anzusteuern, der zum einen oftmals in seiner Schwierigkeit für die Lernanforderungen unterschätzt wird, und zum anderen in den geisteswissenschaftlichen Fachdidaktiken noch nicht ausreichend genug erforscht ist. Während es in den naturwissenschaftlichen Fachdidaktiken u. a. Forschungsarbeiten zu lernerseitigen Vorstellungen (z. B. den Energie-Begriff) und damit verbundenen Effekten (z. B. conceptual change) gibt, soll im vorliegenden Kontext erforscht werden, wie die Lernenden tatsächlich mit den betreffenden Konzepten kognitiv operieren. Eine methodische Herausforderung besteht darin, potentiell ‚Unsichtbares‘ sichtbar zu machen. Angestrebt ist eine sehr basale Ebene, die Mikroebene des Lernens; diese ‚unmittelbare‘ Prozesshaftigkeit des Lernens soll analytisch-deskriptiv und analytisch-explanativ mit Blick auf lernerseitige Aneignungs- wie auch lehrerseitige Vermittlungsprozesse nachvollzogen werden.